REISEBERICHT SCHULAUFBAU AUF DEM VERBOTENEN BERG THIÊN CÂM SON, VIETNAM

Ein Bericht von To Tuan, Luu
Viethilfe e.V.
( www.viethilfe.de )
(Mai 2005)

Am 4. Mai 2005 bin ich zusammen mit dem Projektleiter Hoang nach Thien Cam Son (Verbotenem Berg) gefahren, um den Projektstart freizugeben. Die Fahrt war lang, da der Berg an der Grenze zur Kambodscha liegt. Um Mitternacht fuhren wir von Saigon ab und kamen endlich (und wackelig) um 6 Uhr früh an. In Deutschland war es gerade 1 Uhr nachts und meine lieben Menschen schliefen bestimmt fest und träumten bestimmt vom blauen Himmel, was ich hier stets habe.

Thien Cam Son ist der höchste Berg (710m) im Gebirge That Son (Sieben Berge) der Provinz An Giang , Mekong Delta . Ein sehr schöner Anblick ! Aber wie hart das Leben dort sein könnte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht ahnen!

Wir sind in einem Ambulanzwagen gefahren, die sonst zum kostenlosen Transport von ärmsten Krankenhauspatienten, die den letzten Wunsch haben, zu Hause im Kreis der Familie ihre letzte Reise anzutreten.

Ich habe diese Fahrtmöglichkeit bewusst gewählt, da einerseits das ausgegebene Geld im Wohltätigkeitskreis zirkulieren kann, andererseits ist es ganz gut zu erfahren, wie diese für mich ganz neue Hilfstätigkeit aussehen sollte. Während der Fahrt erzählte man mir viele Schicksale, viele Traurigkeiten aber auch Freude, die man in diesem Minibus miterlebte. Merkwürdigerweise spürte ich keine Angst, obwohl bestimmt schon jemand auf meiner Sitzbank gestorben ist. Nicht weil ich besonders mutig war, sondern die Ruhe, die spürbare Energie der mitfahrenden Helfer für gute Taten mich einfach gestützt haben.

Am Bergfuß gelandet, haben wir sofort das Lager aufgesucht, wo Fertigteile zum Transport lagen. Holz wurde auch schon vorbereitet, um Schulmöbel an Ort und Stelle herstellen zu können. Alle Vorbereitungen, Schweiß- und Lackierarbeiten etc. wurden von Freiwilligen erbracht. Man erzählte mir, 30 Leuten werden gebraucht, um alle Materialien den Berg hoch zu tragen.

Der Spender (rechts im Bild) des Grundstückes wartete bereits auf uns. Der Gruppenleiter (Gesicht nicht erkennbar, aber egal, oder ? ). Hinter mir (natürlich im Bild nicht zu sehen) erschienen plötzlich etwa 20 Maurer.

Das Grundstück liegt auf der mittleren Höhe des Berges, d.h. „nur“ etwa 400m. Dadurch wird den Kindern von allen Orten 4Km Marsch- und Kletterweg erspart.

Dieses Wegstück mit etwa 40 Grad Steigung war nur der Anfang. Er ist gut ausgebaut für spezielle Transportfahrzeuge (zu bezahlende Transportkosten schweineteuer !).

Die zarten Kinderfüße haben solche typisch steilen und steinigen Wege täglich zu überwinden. 6 Male in der Woche und bei den wenigen Feiertagen in Vietnam. Bei mehreren Kindern habe ich Sandalen mit ganz dünner Sohle oder aus hartem Plastik gesehen. Wenn sie Morgenschule haben, stehen sie um 4 Uhr auf, bringen eine Portion Reis mit (falls die Familie sich diese 30 gr täglich leisten kann), marschieren/klettern eine Stunde lang mit einer ziemlich schweren Schultasche. Die Kinder der Nachmittagsschule gehen um 12 Uhr und kommen etwa um 20 Uhr nach Hause.

Wenn es regnet, wir die steile Strecke rutschig.

Die Steigung der Strecke im Bild müsste mehr als 40 Grad betragen, oder ? Ich weiß echt nicht, was mit den Kindern passieren wird, wenn es stark regnet… direkt links vom Weg ist die tiefe Schlucht ! An Ort und Stelle haben wir beschlossen, alle Kinder mit Taschenlampen auszurüsten.

Hier soll die Schule entstehen. Von der „romantischen“ Bergspitze im Bild haben die Kinder 4,5 Km Schulweg bis hierher. Weitere 4 Km haben sie vor sich bis zur Schule am Bergfuß.
Die Maurer verzichteten auf Gehalt. Jeder von ihnen nahm nur 30 kg Reis für ihre Familie an. Sie werden dort bis zur Fertigstellung Ende Mai ausharren.
Beiläufig und ahnungslos wie ich stets bin, habe ich die Frage in die Runde geworfen, wo die Toiletten für die Kinder gebaut werden sollen. Die Runde wurde plötzlich ruhig und etwas überraschend. Hmm… Hmm… Es stellte sich später heraus, dass man die Toiletteanlage zugunsten einer weiteren Klasse „sparen“ musste.
Die Toilette mit zwei Kabinen kostet 500 Euro, im Vergleich zu 2.250 Euro für eine Schulklasse. Zum Glück habe ich noch Spendegeld dabei, das kurz vor meiner Abreise zusätzlich angekommen war.
Oh Freude ! Die Runde atmete auf, es wird wieder gelacht und gescherzt…

Baumaterial wird aus riesigen Felsblöcken per Hand gespaltet, um Einkaufkosten einzusparen. Ein steinharter Job. Und noch unter der brennenden Sonne ! Wie viele Fingerfertigkeiten bedarf man, um so ein fast perfektem Baustein aus einem Fels herausmeißeln zu können.


Links: Der Mann hier unten trägt 40 kg Eisenkern zum Betongießen 2 Km lang und 300 m hoch…

Rechts: Sand wird in Säcken nach oben geschleppt ! Für 10 m3 hat der Grundstückspender 120 Male mit seinem speziellen Motorrad fahren müssen.

Ich habe mir bis zu jenem Zeitpunkt gar nicht vorstellen können, dass Sand so wertvoll sein könnte…


Mit Fröhlichkeit haben die Leute die Bauarbeit sofort aufgenommen…

… und ich nutze die Gunst der Pause, nachdem ich mit Schieben von Steinblöcken und Schleppen von Zementsäcken etc. ausprobiert habe, um den Welpe zu streicheln, den mir die Kinder in die Hände gedrückt haben. Der Welpe ist 4 Wochen alt, die Kinder sind 5, 7 und 9. Und ich ? 55.

 

ABSCHIED

Thien Cam Son ! Verbotener Berg !
Du bist wunderschön aber warum so hart zu unseren Kindern ?

Ich verließe den schönen nahen Himmel, die Bäume mit den hängenden reiferen dornigen Duran-Sâu Riêng-Früchten, die Felsen, die nicht versiegende Wasserquelle, die gemischte Khmer-Viet Töne, die hoffnungsvollen Blicke der Kinder und hoffte innerlich, sie bald wieder sehen zu können, da die Kinder, die Helfer, die Eltern wahrlich liebenswürdige Menschen sind. Sie haben mir mit ihrem Leben hier auf einfacher Weise gezeigt, wie sehr sie das Wissen für ihre kleinen zarten Kinder schätzen und nehmen die schwere Last stillschweigend auf sich, um den Kindern eine bessere Zukunft als die ihrer Eltern geben zu können.

 
Im Fahrwind der Rückfahrt hörte ich etwas wie Kinderstimmen, und ich dachte an die anderen Kinder in einer kleinen isolierten Landgemeinde von Long An Mekongdelta, die auf unsere Ankunft in den nächsten Tagen warteten in der großen Hoffnung bald dort in die Schule gehen zu können, wie andere ganz normale Kinder überall in der Welt.
(s. www.viethilfe.de , Schulaufbau, Projekt Juli-August 2005)

Im Mai 2005
Luu